RPA12: Andreas Rieger, Pascal Pfister, Vania Alleva. Verkannte Arbeit. Dienstleistungsangestellte in derSchweiz. 2012

  • Rotpunktverlag, Zürich 2012.

Die Tertiarisierung in der Schweiz in den letzten Jahrzehnten schaffte eine grosse Zahl von meist tief bezahlten Arbeitsplätzen. Die Organisierung durch Gewerkschaften hat nach langer Vernachlässigung ernsthaft begonnen.

  1. Tertiarisierung der Schweiz.Seit 1960 stieg die Anzahl Beschäftigte im tertiären Sektor stark an, während primärer und sekundärer Sektor schrumpften (2008: 3.4M, 1M, 0.2M). Gründe: Rationalisierung, Informatik, Outsourcing, Globalisierung (internationale Arbeitsteilung) und Veränderung der Nachfrage. Arbeitskräfte wurden mobilisiert durch vermehrte Frauenarbeit und MigrantInnen. Jean Fourastié. Die grosse Hoffnung. 1949: bessere Arbeitsbedingungen/Löhne dank technischem Fortschritt und Tertiarisierung. Ulrich Beck Fahrstuhleffekt: qualifizierte und besser bezahlte Jobs für alle.
  2. Die soziale Lahge der Dienstleistungsangestellten: 1.9M angestellte mit unteren Löhnen. Entgegen dem allgemeinen Eindruck von guten Löhnen (z.B. für Bankangestellte). Oft prekäre Bedngungen, unsichere Arbeitsplätze, gesundheitsgefährdung, Weiterbildung nur für Gebildete
  3. Wahrnehmung und Bewertung der Dienstleistungsarbeit: wird meist unterschätzt, aber Angestellte wollen ihren Job gut machen und sind häufig in einer Zwickmühle zwischen Kunden und Chefs: namenslose Klasse.
  4. Die Mittelstandsillusion: die These (u.a. von Ulrich Beck), dass dank der Tertiarisierung die Klassenunterschiede verschwinden und alle Mittelstand werden ist unhaltbar (bzw. reine Ideologie), knapp 2M TertitärAngestellte verdienen unter 13*6k, sind also dauerhaft von Lohn/Rente abhängih ohne Möglichkeit relevantes Vermögen anzusparen. Diskussion Entstehung von Klassen:
    1. Arbeiterklasse war Resultat eines langen historischen Prozesses
    2. Arbeiterklasse war immer differenziert nie kompakt/einheitlich
    3. Klasse ist keine Sache sondern ein soziales Verhältnis
    4. Tertiarisierung als ideologisches Gegenmodell
    5. die lange Hochkonjunktur förderte die Mittelstandsillusion
    6. Möglichkeit der Herausbildung einer Klasse aller Lohnabhängigen
  5. Geschichte der Organisierung im privaten Tertiärsektor: vor dem 1. Weltkrieg organisierten sich Lehrer, KV, Krankenpflege, z.T. explizit als nicht gewerkschaftlich sondern Berfusbildnerisch. Radikalisierung nach den Krisen des 1. WeltKr. Seit den 90er Jahren verstärkter Trend zu Gewerkschaften, sogar Bankpersonalverband schloss sich dem SGB an. Umgekehrt machten (v.a. zuerst kleine, dann gross UNIA) verstärkt Organisierung in Tertiär Sektor – durchaus mit Erfolgen in Arbeitskämpfen.
  6. Zukunft der Gewerkschaften im privaten Dienstleistungssektor: TertiärSektor hat in vielen europäischen Ländern viel höheren gewerkschaftlichen Organisationsgrad als Schweiz. Europaweite Kampagnen, z.B. gegen 7*24h Verkauf. Globale Kampagnen z.B. bei H&M. Internationaler Austausch von Gewerkschaftsstrategien/Aktivisten. NormArbeitsverträge oder GAVs … Organisierung in der Schweiz erhöhen, Volksinitiativen etc….