Ze17: Janina Zeh. 2017. Prekäre Arbeit und Zivilgesellschaft

  • Ein genderdifferenzierter Vergelich zwischen Deutschland und Grossbritannien.
  • Springer
  • aus ihrer Diss, Uni Hamburg 2016. Doppelt marginalisiert? Zum Verhältnis von prekärer Beschäftigung und freiwilligem Engagement. Ein Vergleich zwischen Deutschland und Grossbritannien unter besonderer Berücksichtigung von Genderungleichheiten.

Die Effekte von prekärer Beschäftigung auf freiwilliges Engagement sind wenig erforscht - auch J. Zeh findet widersprüchliche Effekte und Zahlen.

2. prekäre Beschäftigung im soziologischen Diskurs

Prekariatsdiskussion kam aus Frankreich verzögert nach Deutschland. Zwei Stränge der deutschen Prekariatsforschung

  1. institutionelle Desintegration, gesellschaftliche Kohäsion, insbesondere Arbeitsverhältnisse
  2. praxeologischer bzw. subjektorientiertere Ansatz: kreativer Umgang der Subjekte mit gesellschaftlichen Verunsicherungsprozessen

Kritik und Erweiterung des Prekarisierungsdiskurses

  1. Unsicherheiten werden überbetont - fatalistische Form der Argumentation
  2. widerspieglungstheoretisch: Arbeitsmarktunsicherzeit manifestiert sich direkt in Unsicherheitsgefühl
  3. Ueberhöhung des Normalarbeitsverhältnisses. War nur kurzzeitig mehrheitlich, und insbesondere für Frauen nie ...
  4. Diskurs beschränkt sich auf Lohnarbeit

Zusammenhang von prekärer Beschäftigung und freiwilligem Engagemen ist kaum erforscht

In der britischen Soziologie wird selt von precarity gesprochen, eher von vulnerable employment hat zwar ähnlich Eigenschaften, bezieht sich aber mehr auf MigrantInnen. Negative Folgen (Gesundheit, psychosoziale Belastungen) werden in GB im Gegensatz zu DE nicht nachgewiesen. Die liberalere Gesellschaft GB hat auch iun Normalarbeitsvertrag mehr Unsicherheiten als DE.

4 Engagement

Engagement eng verknüpft mit Zivilgesellschaft

Definitionsversuch von Engagement

  1. freiwillig
  2. nicht auf Entgelt ausgerichtet
  3. auch zugunsten familienfremder Personen
  4. im Rahmen von Organisationen oder verfestigten Gruppen
  5. sich über gewissen Zeitraum erstreckt

Mit Zivilgesellschaft/Engagement verbundene Hoffnungen

  1. Förderung von Demokratie / gesellschaftlichem Vertrauen
  2. Ermächtigung der Individuen
  3. Reintegration benachteiligter Gruppen, Kompensation von Ungleichheiten
  4. vom Individuum aus für Prozesse der Identitätssuche, Selbstverwirklichung, Anerkennung
  5. unterstützt Arbeitsmarkt und Systeme der sozialen Sicherung

in De in starker Kooperation mit Staat, in GB in Konkurrenz zum Staat

Kritik Zivilgesellschaft/Engagement

  • un(ter) bezahlte Mark6tsektoren
  • normative Ueberhöhung - Zusammenhang zwischen Assoziationsdichte und Demokratie/Vertrauen ist schlecht dokumentiert - kann sogar Gruppenkohäsion auf Kosten der Gesamtgesellschaft stärken
  • Ungleichheiten können sogar verstärkt werden (Frage wo z.B. inner- versus ausserhalb Gruppe)

Determinanten mehr Engagement falls

  • höher gebildete
  • mehr Sozialkontakte
  • höhere Haushalteinkommen
  • Alter zwischen 35 und 65
  • kein Migrationshintergrund
  • Mittelschicht
  • Männer häufiger (v.a. Sport, Politik, Beruf Feuerwehr) als Frauen (v.a. Schule) aber gibt auch umgekehrte Zahlen
  • erwerbstätige häufiger als arbeitslose

5 Prekäre Beschäftigung und freiwilliges Engagement

wie beeinflussen sich die beiden?

  • Segmentationshypothes: beide Sphären sind unabhängig voneinander
  • compensatory leisure hypothesis: kompensiere in der Freizeit Erfahrung in der Arbeitswelt
  • spillover leisure hypothesis: d.h. in der Freizeit selbes ausagieren wie in Arbeit

Theorie relative Deprivation

  • Gefühl das einem etwas (ungerechtfertigterweise) weggenommen wird: Voraussetzung muss das als mir möglich/zustehend empfinden
  • kann zu mehr/oder weniger Engagement führen, Erklärungsversuch egoistische versus fraternalistische Deprivation

Anerkennungstheorie

  • partikulare Anerkennung (Liebe, Freundschaft) versus rechtliche / universelle Anerkennung
  • v.a. für Männer ist Anerkennung durch Beruf wichtig (und in DE mehr als in GB)
  • Anerkennungsverlust kann zum einen zu Selbstentwertung führen, zum anderen zu Triebkraft von Handeln und Widerstand

8 Analysen

In DE und GB sind Männer engagierter als Frauen. In GB mehr engagierte als in DE, aber Rückgang. In DE Zunahme. Korrelation von prekärer Arbeit und Engagement

  • für DE Männer negativ (nicht signifikant) - Alter, Wohnort Bildung haben grösseren Einfluss
  • für DE Frauen positiv
  • GB weder für Männer noch Frauen signifikant

hat Wechsel in prekäre Arbeit Korrelation zu Engagement

  • für Frauen in DE positiv
  • sonst nicht signifikant

9. Zusammenfassung und Diskussion der Ergebnisse

Engagement trägt nicht zur Integration, Partizipation, Ermächtigung, Selbsorganisation oder -verwirklichung maarginaler Gruppen, z.B. Niedriggebildete, MigrantInnen, Alleinerziehenden bei. Vielmehr stellt es ein medium der Exklusion dar, das soziale Ungleichheit zum Ausdruck bringt.

für DE hat ein Wechsel im Haushaltstyp, insbesondere von einem Paarhaushalt mit Kind zu einen Alleinerziehenden grössere Erklärungskraft für Wechsel im freiwilligen Engagement hat, als Wechsel von/zu prekärer Beschäftigng.

Im Lebenslauf beobachten wir eine hohe Stabilität von freiwilligem Engagement - wert- und persönlichkeitsbasierte Erklärung sind wichtiger als ungleichheitstheoretische Erklärungen